Artikel von Helmi Krappitz • Gestern um 10:14
Anstieg der Durchfall-Epidemien durch den Klimawandel: Auch Deutschland betroffen
Der Klimawandel begünstigt weltweit die Ausbreitung von Magen-Darm-Keimen. Grund sind hohe Temperaturen und Extremwetter. Auch Deutschland ist betroffen.
München – Infektionen mit Magen-Darm-Erregern können dann gefährlich werden, wenn die Flüssigkeitszufuhr mit dem Flüssigkeitsverlust des Körpers nicht mehr hinterherkommt. Solche Krankheitsbilder sind von der Cholera bekannt. Sie war jahrelang von der Bildfläche verschwunden. Im vergangenen Jahr war die Zahl der Ausbrüche auf einem neuen Höchststand. Grund dafür ist die Klimakrise, die die Ausbreitung von hochansteckenden Keimen begünstigt, berichtet zeit.de.
Klimawandel: Studie erwartet mehr Tote durch Magen-Darm-Keime
Neben Hitzewellen und Hurrikans sind Magen-Darm-Keime eine Gesundheitsgefahr des Klimawandels. Eine Modellstudie, die in The Lancet Planetary Health erschien, rechnet jährlich mit knapp 100.000 zusätzlichen Toten durch Durchfallerkrankungen. Durchfallerreger wie Bakterien vermehren sich besser bei höheren Temperaturen, erklärt Klimaforscherin Veronika Huber vom Helmholz-Zentrum in München. Sie forscht unter anderem an der Studie. Zu erwähnten Erregern zählt nicht nur die Cholera, sondern auch Keime wie Shigellen und Kryptosporidien. Das weniger bekannte Bakterium Campylobacter, an dem jährlich zehntausende Deutsche erkranken, gehört auch zu der wachsenden Keimgruppe.
Magen-Darm-Keime: Arme Länder besonders betroffen
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Durchfallerkrankungen sind besonders in armen und strukturschwachen Regionen der Welt eine Gefahr. Das liegt an fehlenden oder schlecht ausgebauten Gesundheits- und Sanitärsystemen. So gelangen gesundheitsgefährdende Keime in Abwässer und folglich in Flüsse, aus denen in armen Ländern täglich Wasser geschöpft wird. In Syrien wurden beispielsweise seit August 2022 knapp 75.000 Cholera-Verdachtsfälle und zusammenhängend hundert Tote gemeldet. Eine Verbesserung der Hygienebedingungen könnte den Einfluss des Klimawandels jedoch verringern. Das bezieht sich auf die klimawandelbedingten Temperaturen. „Bezieht man durch Klimaveränderung hervorgerufene Dürren, Überschwemmungen und Fluchtbewegungen oder gar Konflikte mit ein, könnte die Zahl der Toten auch sehr viel höher liegen“, so Huber. Es zeige sich ein Muster von vermehrten Cholera-Ausbrüchen in Regionen mit Naturkatastrophen und Konflikten.
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Hygiene allein kann die Ausbreitung von Cholera nicht stoppen. Epidemiologe Philippe Barboza von der WHO erklärt zeit.de, dass Cholera einfach behandelbar sei und keiner mehr daran sterben solle. Eine Schluck-Impfung könne in vielen Fällen helfen. Die Impfvariante, die für Krisengebiete geeignet ist, wird jedoch ab diesem Jahr nur noch von einem Unternehmen hergestellt – von der Firma EuBiologics in Südkorea. Die Produktion des weltweiten Bedarfs werde diese wohl nicht stemmen können.
Anstieg der Durchfall-Epidemien durch den Klimawandel: Auch Deutschland betroffen© Bereitgestellt von Merkur
Foto © IMAGO/CAVALLINI JAMES / BSIP
Durchfallerreger: Wachstum an Bakterien auch in Deutschland
Cholera ist in reicheren Ländern wie Deutschland kaum eine Bedrohung. Bakterien der Vibrionen, Verwandte der Choleraerreger, sind in den vergangenen Jahren in der Ostsee gewachsen. Sie sind zwar weniger gefährlich als Choleraerreger, können aber auch schwer krank machen. Das, wenn sie durch Hautrisse oder Schnitte in den Körper gelangen. Folgen können neben Durchfall auch Fieber, Schüttelfrost und Blutvergiftungen sein.
In Deutschland gehören Salmonellen und Campylobacter zu den häufigsten Durchfallerregern. Sie profitieren auch von steigenden Temperaturen. „Beide werden hauptsächlich durch Lebensmittel übertragen, können durch kontaminiertes Wasser aber auch auf Gemüse oder im Falle von Campylobacter in Badeseen gelangen“, sagt die Epidemiologin Maylin Meincke vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit. Campylobacter-Bakterien können bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem Durchfall, Fieber und Muskelschmerzen hervorrufen. In der Regel verlaufen Infektionen ohne Komplikationen.
Durchfall-Epidemie: Lösung liegt im Klimaschutz
Extremwetterereignisse treten durch den Klimawandel auch in Deutschland vermehrt auf – Überschwemmungen werden zum Problem. Überspülungen von Kläranlagen und Abwasserkanälen können zur Ausbreitung von Bakterien und Parasiten führen, so zeit.de. Klimaforscherin Huber sieht die langfristige Lösung in einem geringeren globalen CO₂-Ausstoß zugunsten des Klimas. In der Zwischenzeit müsse der Zugang zu medizinischer Versorgung und der Ausbau von Abwassersystemen global gedeckt werden. Notfallregionen seien auf sauberes Trinkwasser und Nährstoffe angewiesen, um den Anstieg der Todesrate durch Magen-Darm-Infektionen zu verhindern. (hk)